Das Ziel ist eine umweltverträglichere Informationstechnologie.

Das Rechenzentrum der Universität Regensburg hat Vorschläge für strategische bayernweite Leitlinien erarbeitet.

Papierlose Büros und weniger Bürokratie: Wer das will, muss digitalisieren. Doch wie lässt sich diese Umstellung möglichst umweltverträglich gestalten?

An Bayerns Universitäten und Hochschulen ist die Verantwortung zum Klimaschutz gesetzlich verankert. Vor diesem Hintergrund müssen sich Rechenzentren (RZ) intensiv mit Informations- und Kommunikationstechnologien auseinandersetzen: Sie sind energieintensiv und immer mit Emissionen verbunden.

Wer also den Campus-Betrieb nachhaltig gestalten möchte, muss auch seine IT-Praktiken unter die Lupe nehmen. Dies ist umso wichtiger, als der Gesamtbedarf für IT, beispielsweise für Nutzung Künstlicher Intelligenz, weiterhin steigen wird. So ist auch für die Rechenzentren vernetztes Denken und Zusammenarbeit mit verschiedenen Bereichen und Abteilungen entscheidend. 

An der Universität Regensburg (UR) sorgt der Zukunftsrat Nachhaltigkeit für eine gemeinsame Plattform. 

Teams der Universität Regensburg und der Technischen Hochschule Nürnberg haben in diesem Zusammenhang Vorschläge für strategische Green IT-Leitlinien entwickelt, die in die IT-Strategie der bayerischen Universitäten und HAW integriert werden sollen. Das Projekt soll u. a. die hohen Anforderungen des europäischen EMAS-Umweltmanagementsystems (Eco-Management and Audit Scheme) treffen.  

Die Etablierung von nachhaltigerer Informations- und Kommunikationstechnologie fußt auf europäischen Richtlinien und dem 2024 in Kraft getretene Energieeffizienzgesetz: Es sieht u. a. vor, dass Rechenzentren ab einer gewissen Größe ihre Kennzahlen messen und veröffentlichen. 

Nachhaltigkeit für kommende Generationen

Im Bayerischen Hochschulinnovationsgesetz verpflichten sich die Hochschulen, die natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten - durch Biodiversität, Klimaschutz und Bildung für nachhaltige Entwicklung. 
Eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Universität Regensburg und TH Nürnberg hat gemeinsam mit dem Zentrum Hochschule und Nachhaltigkeit Bayern (BayZeN) das Projekt Green IT initiiert. In dem Projekt sollen Kennzahlen und Maßnahmen entwickelt werden, um den Klimaschutz im IT-Bereich zu fördern. Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst fördert das Projekt.
 

Ressourcen schonen, Innovation fördern, umweltbewusst denken.

„Wir wollen den gesamten Lebenszyklus von IT-Produkten und Services umweltfreundlich gestalten,“ erklärt der Leiter des UR-Rechenzentrums Dr. Christoph Bauer: „Angefangen von der nachhaltigen Beschaffung, über den effizienten Betrieb im Maschinensaal und dezentral durch die Anwendenden, bis zur fachgerechten Entsorgung.“ 
 

Zentral dabei: Die Offenheit der User für Veränderungen: „Wie so oft das A und O für Verbesserungen,“ betont Bauer: „Wir können nicht alles zentral einfach ‚einstellen‘.“

Umfragen unter Mitarbeitenden von Hochschul-Rechenzentren einerseits und Anwendenden andererseits im Jahr 2023 schufen daher die Basis für weitere Überlegungen. Der Auswertung der Umfragen folgte eine Einordnung der Ergebnisse in den wissenschaftlichen Diskurs zu Green IT. 

Anschließend hat das Rechenzentrum der UR gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Technischen Hochschule Nürnberg daraus Handlungsempfehlungen abgeleitet und Vorschläge gemacht, wie sich ein „grünerer IT-Betrieb“ in die IT-Strategie der bayerischen Universitäten und HAW integrieren lässt. Im Februar 2025 stellte das Team seinen Maßnahmenkatalog vor.

Kataloge für Maßnahmen und Kennzahlen

UR-Mitarbeiterin Jenny Schuster arbeitet noch bis Ende August 2025 an einem Kennzahlen-Katalog, unterstützt von RZ-Kollegen und -Kolleginnen und in häufigem Austausch mit der Abteilung Gebäude und Technik und dem Green Office der UR.

Neues zu lernen gab es ab dem ersten Tag im Job, erzählt die Doktorandin der Chemie, die aktuell bei Professor Dr. Werner Kunz an der UR zu nachhaltiger Bauchemie promoviert und an Zement-Ersatzprodukten forscht. Mal von USV gehört? Das ist die unterbrechungsfreie Stromversorgung, die nicht nur am Schreibtisch, sondern auch in den Forschungslabors der natur- und lebenswissenschaftlichen Fakultäten oft eine zentrale Rolle spielt.

Jennys Tätigkeit startete damit, den aktuellen Ist-Stand der von den Rechenzentren durchgeführten Maßnahmen zu ermitteln und zu evaluieren.

Konkret waren das drei Bereiche:

  • IT-Anwendende und ihr Nutzungsverhalten,
  • die Beschaffung von Geräten
  • die Entsorgung von Geräten.  

Aus diesen drei Bereichen kommen auch die Kennzahlen. 

 

Aspekte wie Kühlung, Stromversorgung, Wasserverbrauch lassen sich messen, erklärt Jenny Schuster. 

Im Anwendungs – und Beschaffungsbereich wird es da schon schwieriger. Man kann bei den zentral gekauften Geräten auf Nachhaltigkeitssiegel achten, aber Beschaffung an den Fakultäten der UR ist dezentral geregelt. Somit gibt es vielerlei Geräte, die sich im Green IT-Projekt unter Umständen gar nicht erfassen lassen.

Nutzungsverhalten, Gerätebeschaffung und Hardware-Entsorgung werden evaluiert.

Viele Fragen sind auch gar nicht so schnell und eindeutig zu beantworten: Ist es besser, einen Laptop sieben Jahre zu verwenden und mehr Strom zu verbrauchen als ihn auszutauschen gegen ein leistungsfähigeres und energiesparendes Modell? Oft gestaltet es sich schwierig, die Dinge aufzurechnen, erklärt Jenny Schuster. 

Das RZ versucht es dennoch. So werden seit einigen Jahren im RZ abgegebene Altgeräte auf ihre Nutzbarkeit gecheckt und wenn möglich wieder in den universitären Umlauf gebracht. Ist das nicht möglich, beispielswese weil Programme, die man im Alltag braucht, nicht mehr laufen, dann werden die Geräte über die Computerspende Regensburg e. V. gespendet. Nicht viele Hochschulen tun das, weiß Jenny Schuster.

Ein weiteres Beispiel für Umsetzung findet sich in der Zentralen Universitätsverwaltung: Konsequent werden die Einzeldrucker für jeden Arbeitsplatz abgeschafft. Multifunktionsdrucker, die vom RZ zentral eingerichtet werden und die alle Mitarbeitenden nutzen können, sparen jede Menge Hardware und Energieverbrauch.
 

Auch die Nutzung der von den Servern erzeugten Abwärme wird evaluiert. Lässt sie sich in den Heizkreislauf einspeisen? Wie reguliert man die Temperatur im Server-Raum am besten? Es gibt Maßnahmen wie die sogenannte „Server-Einhausung“, d. h. Server werden mit Plexiglas ummantelt und die Luft zur Kühlung kann viel gezielter zugeführt werden. 

Sie wird nicht mehr einfach in den ganzen Raum geblasen. In Sachen Neubau am RZ versucht man ebenfalls, Veränderungen zu beachten. Die alten Serverräume sind riesig – wie es eben auch die Großrechner vor 40 Jahren waren. Heute genügen viel kleinere Räume – die Server sind viel kleiner geworden.

Wofür braucht man Kennzahlen?

Der Idee einer Kennzahl liegt eine zentrale Frage zugrunde: Wo habe ich Potenzial, etwas zu verbessern? Dann wird gemessen: Wie hat die durchgeführte Maßnahme zur Verbesserung beigetragen? 

Ein Beispiel: Der PUE-Wert. PUE steht für Power Usage Effectiveness: Diese Kennzahl setzt die gesamte Energie des Rechenzentrums zu der Energie, die für IT verwendet wird, ins Verhältnis. So lässt sich ablesen, was beispielsweise auf Kühlung oder Beleuchtung entfällt. 

Der Wert sollte möglichst nah an der 1 liegen. 1 ist der Optimalwert – in dem Fall wird alle Energie im RZ für die IT verwendet bzw. fließt in die Server und Geräte. Der neue Maschinensaal des RZ bietet dahingehend höchste Standards; der PUE-Wert wird unter 1,2 sinken.

Messwerte ermitteln? Nicht so einfach.

Manchmal scheitert die Ermittlung von Messwerten. In ihrer Arbeit am Kennzahlen-Katalog stieß Jenny Schuster auf ein grundlegendes Problem, das neben vielen anderen auch die UR trifft und große Herausforderungen bereithält: Es gibt nicht genug Messgeräte. Oft lässt sich nicht exakt ermitteln lässt, wie viel Energie wofür genau verbraucht wurde: „Wir sehen nur die Gesamtmenge.“

Andere ernüchternde Momente gibt es auch, erzählt Jenny Schuster. „Man lernt, dass oftmals einfach Mittel fehlen, etwas zu realisieren. Manchmal rücken auch Sicherheit oder Verfügbarkeit vor die Nachhaltigkeit.“ Auch wenn das Thema an vielen Stellen als Anreiz gesehen wird, lässt sich vieles nicht immer umgehend umsetzen. 

Doch Schuster wie Bauer sind überzeugt vom Engagement ihrer Kolleginnen und Kollegen, wenn es um Aspekte der Nachhaltigkeit geht: „Wir leben Green IT.“

Verschiedene Green IT-Leitlinien werden an der UR bereits umgesetzt.

Das RZ schafft dort, wo es zentral einkauft, nur Hardware an, die den EU-Richtlinien entspricht und Öko-Label zertifiziert sind. IT-Produkte werden so lange wie möglich, unter Berücksichtigung ökologischer und ökonomischer Aspekte, genutzt. Schließlich widmet man sich vielfältigen Aspekten, die auch die strategischen Vorschläge der Teams in Regensburg und Nürnberg beinhalten. 

Dazu gehören

  • Prozesse für eine nachhaltige Entsorgung von Hardware;
  • Server zu überwachen, zu konsolidieren und zu virtualisieren, um eine optimale Auslastung zu gewährleisten;
  • Schulungen, die das Bewusstsein für den nachhaltigen Umgang mit IT im Rechenzentrum fördern und mit aktuellen Technologietrends vertraut machen;
  • finanzielle und personelle Ressourcen verstärkt auf Green IT-Maßnahmen zu fokussieren, um den Rechenzentrumsbetrieb energieeffizient zu gestalten;
  • Angebote für einen zentralisierten, energieeffizienten Bezug von IT-Rechenleistung zu nutzen,
  • Richtlinien zu definieren, die klare Vorgaben und Standards festlegen, um IT-Projektentscheidungen mit Nachhaltigkeitskriterien zu versehen;
  • Arbeitsplätze mit an- und ausschaltbaren Steckdosenleisten auszustatten un
  • Endgeräte so einzustellen, dass eine energiesparende Batterieeinstellung vorgenommen wird und Bildschirmschoner unterbunden werden.

Ein Folgeprojekt ist bereits bewilligt.

Auf Basis des Projekts Green IT werden nun in einem weiteren Projekt die gewonnenen Ergebnisse weiterverarbeitet und erste Maßnahmen an mehreren bayerischen Pilothochschulen, darunter die UR, umgesetzt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Entwicklung und Einführung eines Messkonzepts zur Erhebung des PUE-Wertes und anderer im Energieeffizienzgesetz geforderter Kennzahlen.

Basierend auf der Messung der Kennzahlen wird eine Potentialanalyse möglicher Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz für die jeweiligen Pilothochschulen erstellt. Dadurch werden individuell die effektivsten Maßnahmen für die jeweiligen Hochschulen ermittelt.

Die daraus abgeleiteten Best-Practices werden in einer Wissensdatenbank zusammengeführt und allen Universitäten und Hochschulen in Bayern zur Verfügung gestellt.

Comments

Lieber Christoph, sehr geehrte Frau Schuster,

ich finde es klasse, dass sich das Rechenzentrum der UR mit dem Versuch einer EMAS-Zertifizierung beschäftigt. Es ist sicherlich die Untersuchung eines "Großtankers" wie der UR alles andere als leicht, weil so viele Mitarbeiter in so diversen Bereichen involviert sind. Ich wünsche euch langen Atem, der Frau Schuster auch die Verlängerung Ihres Vertrags, und Freude am Mittun bei der Aufgabe "Bewahrung der Schöpfung".

Servus

Toni Schels

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