Kaffeeernte in Gefahr
Kaffee ist allgegenwärtig: Die Deutschen trinken durchschnittlich 164 Liter Kaffee im Jahr und der deutsche Kaffeemarkt ist eine stark wachsende Branche mit einem Umsatz von rund sechs Milliarden Euro im Jahr 2023. Die Kaffeeindustrie stützt sich auf über 20 Millionen Kaffeebauernfamilien in über 50 Ländern. Weniger bekannt ist, dass der Kaffee weltweit von einem kleinen Insekt, dem Kaffeekirschenkäfer, bedroht wird, der sich in die reifen und unreifen Kaffeebeeren bohrt, um dort seine Eier abzulegen. Dort entwickeln sich die Larven und verzehren die Bohnen. Damit wird sowohl der Ertrag als auch die Qualität des erzeugten Kaffees zerstört.
Kaffeepflanze vor den Blue Mountains in Jamaica © Ameka Myrie
Millionenschwere Schäden
Wie der Kaffee stammt auch der Käfer ursprünglich aus Afrika und ist heute überall dort verbreitet, wo Kaffee angebaut wird, mit Ausnahme von Australien. Weltweit verursacht der Käfer einen Schaden von über 450 Millionen Euro, bei einem Jahresumsatz von etwa 65 Milliarden Euro. Mechanismen zur Bekämpfung des Käfers sind entweder giftig für die Umwelt, unwirksam, teuer oder erfordern einen erheblichen Aufwand beim Einsammeln und Entsorgen der befallenen Beeren. Daher ist es wichtig, mehr über die Biologie des Käfers herauszufinden, um eine biologische Lösung für das Problem zu finden.
Entzifferung des Erbguts
In Jamaika, der Heimat des berühmten und angesehenen Blue Mountain-Kaffees, wurde der Käfer erstmals 1978 entdeckt und hat sich seitdem über die ganze Insel ausgebreitet. Die Ausbreitung ermöglicht es zu untersuchen, wie sich eine Population eines so „erfolgreichen“ Schädlings in kurzer Zeit entwickelt. Biologen der Universität Regensburg (Dr. Ameka Myrie, Dr. Eva Schultner, Dr. Jan Oettler), der Universität Münster (Dr. Lukas Schrader, Mohammed Errbii) und der University of the West Indies, Mona Campus, Kingston, Jamaika (Dr. Dwight Robinson) das Erbgut dieses Käfers neu sequenziert – also genau erfasst – und von Käfern verschiedener Farmen der Insel miteinander verglichen.
Die Studie zeigt, dass Populationen des Kaffeekirschenkäfers nur eine geringe genetische Vielfalt aufweisen. Dies deute darauf hin, dass die Erstbesiedlung Jamaicas auf nur wenige Tiere zurückzuführen ist, wie es bei vielen eingeschleppten Arten der Fall ist. Als Folge entsteht ein Mangel an Variationen: Die Folgegenerationen zeigen viele identische Erbgut-Abschnitte, die von den wenigen Exemplaren stammen, die diese an die nächsten Generationen weitergegeben haben.
Springende Gene als Motor der Evolution
Die Analysen zeigten außerdem, dass die Aktivität von Transposons innerhalb der Population in jüngster Zeit stark zugenommen hat. Transposons werden auch als springende Gene bezeichnet. Dabei handelt es sich um kleine Abschnitte des Erbguts, die sich selbstständig vermehren. Sie können nicht nur Krankheiten auslösen, sondern gelten auch als wichtiger Motor der Evolution.
„Die Studie liefert erste Einblicke in die Dynamik des Erbguts der Populationen des Kaffeekirschenkäfers und unterstreicht die entscheidende Rolle der springenden Gene für die Widerstandsfähigkeit und den Erfolg dieses Schädlings. Das neu erstellte hochwertige Referenzgenom bildet die Grundlage für künftige Studien zu genetischen Engpässen, genetischer Drift und deren Auswirkungen auf die Biologie dieses spezialisierten Schädlings“, sagt Dr. Jan Oettler, Leiter des Regensburger Teams.
Kaffeekirschenkäfer auf Kaffeebohne ©Lukas Schrader
Publikation:
https://doi.org/10.1093/gbe/evae217
Kontakt:
PD Dr. Jan Oettler
Zoology/Evolutionary Biology
University Regensburg
Tel. + 49 (0)941 943 2996
E-Mail: joettler@gmail.com
cardiocondyla.org
Der Text entstand in Zusammenarbeit mit PD Dr. Jan Oettler.
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