Von der Uni-Idee zum sozialen Digital Start Up

Sozial. Digital. Wirkungsvoll. Aus einer Idee im Auslandssemester wurde ein preisgekröntes Start-up: VoluLink vermittelt IT-Kompetenz dorthin, wo sie im sozialen Sektor oft fehlt – mit einer Plattform, die soziale Organisationen und engagierte Unternehmen verbindet.
Gegründet von zwei Wirtschaftsinformatik-Studierenden der Universität Regensburg, entwickelte sich das Projekt von einem 5-Euro-Business-Wettbewerb zu einem vielfach ausgezeichneten Social-Tech-Start-up – gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung für das Jahr 2025 mit über 170.000 €.
Im Interview erzählen die Gründer Jade Dyett und Moritz Hall, wie aus einer Uni-Idee ein wachsendes Unternehmen wurde – und warum Regensburg für sie ein idealer Startpunkt war.
Wie ist die Idee zu VoluLink entstanden? Gab es einen bestimmten Auslöser?
Moritz: Die Idee zu VoluLink entstand während meines Auslandssemesters in Sydney. Dort wurde ich auf das Konzept „Pledge 1%“ aufmerksam – Unternehmen spenden 1 % ihres Gewinns, ihrer Produkte oder ihrer Mitarbeiterzeit an gemeinnützige Zwecke. Dieses Prinzip war nicht nur in der Start-up-Szene präsent, sondern tief in der Universitätskultur verankert. Es gab eine Vielzahl studentischer Clubs und Initiativen, die sich für soziale oder ökologische Themen engagierten – oft in enger Zusammenarbeit mit Unternehmen.
Mich hat diese Kultur stark beeindruckt. Ich habe dort zum ersten Mal erlebt, wie selbstverständlich unternehmerisches Denken und soziales Engagement miteinander verbunden werden können – und wie viel Wirkung dadurch entsteht.
Zurück in Regensburg ließ mich dieser Gedanke nicht mehr los. Ich erzählte meinem langjährigen Freund Jade davon, der schon länger mit dem Gedanken spielte, ein eigenes Start-up zu gründen. Die Idee, eine Plattform zu entwickeln, die soziales Engagement mit digitalen Kompetenzen verbindet, hat uns beide sofort gepackt. Damit war der erste Funke für VoluLink gezündet.
Was war dann die erste konkrete Idee und wie kam es zu der Umsetzung?
Moritz: Unsere erste Idee war es, ein Angebot für Unternehmen in Deutschland zu schaffen, das ihnen ermöglicht, sich unkompliziert sozial zu engagieren. Wir wollten passende gemeinnützige Projekte identifizieren und ihnen zur Verfügung stellen – inklusive Organisation und Verwaltung. Unser Ziel war es, das Engagement für die Unternehmen so reibungslos und positiv wie möglich zu gestalten – und dabei gleichzeitig einen Beitrag zum Teambuilding zu leisten.
Jade: Ja, das war unser Startpunkt – aber die Idee hat sich schnell weiterentwickelt. Wir haben uns intensiver mit dem Thema Corporate Volunteering beschäftigt und geschaut, wie dieses Engagement nachhaltiger und strategischer umgesetzt werden könnte. Gleichzeitig haben wir als angehende Wirtschaftsinformatiker überlegt, wo unsere Expertise wirklich einen Unterschied machen könnte
Bei unseren Recherchen sind wir auf bestehende Plattformen gestoßen, die sogenannte „Social Days“ vermitteln – also eintägige Einsätze von den Mitarbeitern aus Unternehmen in sozialen Einrichtungen. Diese Angebote sind wichtig und für beide Seiten nützlich. Uns wurde aber schnell klar: Wenn Freiwillige zusätzlich ihre digitalen Kompetenzen einbringen – zum Beispiel in IT, Marketing oder in Organisationsentwicklung – kann der Mehrwert für gemeinnützige Organisationen deutlich größer sein. Diese Erkenntnis war ein zentraler Schritt in der Weiterentwicklung unserer Idee.
Moritz: Die Brücke zur Umsetzung kam über das „5-Euro-Business“- Format der Gründungsberatung der Universität Regensburg. Mit nur 5 € Startkapital testeten wir unser Konzept. Nach einem erfolgreichen Pitch (wir wurden Platz 3!) hatten wir erste Resonanz, Feedback – und Mut zur Weiterentwicklung.
In was habt ihr die 5 € investiert?
Moritz: In Kaffee! (lacht). Und es hat nur knapp gereicht!
Jade: Aber das Entscheidende: das war für uns ein Kick-off – danach haben wir direkt den Bedarf analysiert, das Konzept formuliert und unsere erste Website aufgesetzt.
Was oder wer hat euch am meisten beim Start geholfen?
Moritz: Der Austausch mit anderen Menschen war entscheidend. Nach dem „5-Euro-Business“ gewannen wir in Gerd Ortner einen Mentor, der uns mit einem professionellen Markenauftritt unterstützt hat. Über UR Science Outreach Gründerberatung der Universität Regensburg erhielten wir Zugang zu Veranstaltungen, Netzwerken und sogar ein Gründungsbüro in der TechBase. Dabei war das Netzwerk das, was uns am meisten getragen hat.
Wie kam es zum ersten bezahlten Projekt?
Jade: Eben über unser wachsendes Netzwerk wurden wir von einem Unternehmen aus Hamburg angesprochen, das sein Firmenjubiläum mit einem sozialen Event verbinden wollte. Wir durften unser Konzept testen – und organisierten ein groß angelegtes, individuell angepasstes Corporate Volunteering mit über 80 Mitarbeitenden. Ein voller Erfolg – für alle Beteiligten.
Was habt ihr aus euren ersten Einsätzen gelernt – und wie hat euch das bei der Entwicklung eures Angebots geholfen?
Jade: Wir haben gelernt: „Helfen“ muss gut organisiert sein, sonst kann es sogar kontraproduktiv werden. Besonders deutlich wurde außerdem: IT-Beratung und Digitalisierung sind oft der größte Hebel für sozialen Impact.
Von einem Mentor lernten wir zudem das sogenannte „Currywurst-Prinzip“: standardisierbare, skalierbare Angebote mit individuellem Touch. Daraus entstanden unsere ersten Services:
– gemeinnützige Digitalisierungsberatungen und
– Prozessautomatisierungen.
Woher kommen eure IT-Teams und was ist das eigentliche Ziel?
Moritz: Wir vermitteln IT-Studierende (im Rahmen von Uniseminaren & Abschlussarbeiten) begleitet durch Unternehmensmentor:innen (im Rahmen von Corporate Volunteering) an gemeinnützige IT-Projekte. Dafür gehen wir sowohl auf Hochschulprofessor:innen als auch auf Unternehmen zu. Die Teams melden sich über unsere Plattform an und werden automatisiert mit gemeinnützigen Projekten zusammengebracht.
Jade: Unser Ziel: Wir wollen Synergien zwischen Unternehmen und jungen IT-Talenten fördern und gleichzeitig gemeinnützige Digitalisierungsvorhaben unterstützen.
Jetzt Mal ein paar Gründungsgeheimnisse: Was bringt eurer Meinung nach, eine Idee zum Fliegen?
Moritz: Wenn andere – Kund:innen, Partner:innen – begeistert über dich sprechen. Das ist der nachhaltigste Erfolg. Das hat uns zum Fliegen gebracht.
Was war bisher eure größte Herausforderung – und wie habt ihr sie gemeistert?
Jade: Es gab viele Herausforderungen, vor allem zu Beginn: den ersten Schritt zu wagen, die erste Akquise zu machen – und das alles parallel zu Studium und Abschlussphase. Auch die Bewerbung für die BMBF-Förderung war eine echte Herausforderung, aber sie hat sich definitiv gelohnt.
Wie seid ihr auf die BMBF-Förderung aufmerksam geworden?
Jade: Durch unsere Teilnahme an einem Event der TechBase – dem „Tiger der TechBase“. Dort haben wir unser Projekt gepitcht und dabei Stephanie Reiner kennengelernt, die im Bereich der digitalen Transformation promovierte. Sie hat uns auf die BMBF-Förderung aufmerksam gemacht – danke an Stephanie an dieser Stelle!
Uns war von Anfang an wichtig, in den Austausch mit anderen zu gehen und über unsere Idee zu sprechen. Jeder Austausch war wertvoll, weil wir dadurch Feedback bekommen haben. Das hilft nicht nur bei der Weiterentwicklung der Idee, sondern auch beim Aufbau eines Netzwerks.
Ich kann deshalb nur empfehlen: Wer eine Idee hat, sollte damit herausgehen, sie teilen und sich Rückmeldungen holen – das bringt die größten Fortschritte.
Was bedeutet die Förderung für euch – ist sie eher eine Erleichterung im Gründungsprozess oder bringt sie eher Verantwortung mit sich?
Moritz: Wir freuen uns riesig über die Förderung – keine Frage. Aber uns ist auch bewusst: Das Jahr wird schnell vergehen, und dann ist die Finanzierung vorbei. Das motiviert uns, die Zeit gut zu nutzen. Es ist für uns vor allem ein Vertrauensvorschuss, den wir ernst nehmen.
Wie geht ihr mit den Herausforderungen und der Unsicherheit der Zukunft um?
Jade: Ich habe für VoluLink einen festen Job aufgegeben. Aber das hier war eine einmalige Chance – und dank der Förderung ohne großes Risiko. Die Entscheidung zur Gründung, zu einem Beruf mit Sinn und für ein eigenes Projekt war für mich schnell klar. Ich habe mich sehr darauf gefreut und keine Sekunde gezögert.
Moritz: Natürlich bringt so eine Gründung Unsicherheiten mit sich. Aber bei uns überwiegt ganz klar die Freude – nicht die Angst. Und ja, wir bringen auch eine gewisse Naivität mit, die uns daran glauben lässt, dass es funktionieren kann – auch wenn wir wissen, dass viele Start-ups scheitern.
Was hat euch bisher motiviert, trotz aller Herausforderungen dranzubleiben?
Jade: Der erste echte Kunde war ein Meilenstein. Die Bezahlung war die Bestätigung, dass unsere Idee nicht nur theoretisch funktioniert.
Was unterscheidet euch von einem klassischen IT-Consulting?
Jade: Unser Fokus liegt auf gesellschaftlichem Wandel. Wir möchten auch gewinnorientierte IT-Unternehmen inspirieren, sich sozial zu engagieren. So entsteht ein Umdenken – mit positiven Effekten auf Mitarbeitende und die Gesellschaft.
Was ist eure Vision?
Moritz: Gesellschaftliches Engagement soll ein Standard im Unternehmensalltag werden.
Jade: Und ein fester Bestandteil von Geschäftserfolg – das Engagement sollte in einem Unternehmen als solches gesehen werden!
Was möchtet ihr anderen gründungsinteressierten Studierenden auf den Weg geben?
Einfach machen! In die Beratung gehen, Netzwerke nutzen, Ideen validieren. Soziale Innovation nicht aus den Augen verlieren - sie hat riesiges Potenzial.
„Man wird Gründer im Prozess – das ist keine Eigenschaft, mit der man geboren wird. Entscheidend ist, Chancen zu erkennen und zu ergreifen. Und ja, ein bisschen Glück gehört auch dazu.“
— Jade über den Weg zum Gründer
Was sind eure Stärken und wie ist eure Arbeitsteilung?
Jade: Technik, Produktentwicklung, Marketing – ich bin der kreative Tüftler in unserem Unternehmen.
Moritz: Strategie, Vertrieb, Netzwerk – ob Professor oder Unternehmen, ich ziehe alle in VoluLink rein!
Braucht man ein bestimmtes Gründer-Gen, um erfolgreich zu gründen? Oder kann man gründen lernen?
Jade: Gründer:in wird man im Prozess – das ist keine Eigenschaft, mit der man geboren wird. Es ist eine Entwicklung. Natürlich hilft es, wenn man sich grundsätzlich für Unternehmertum interessiert und ein gewisses Mindset mitbringt. Aber entscheidend ist: Man muss bereit sein, Chancen zu erkennen und zu ergreifen. Und ja – ein bisschen Glück gehört auch dazu.
Moritz: Ich hatte den Wunsch zu gründen schon länger. Aber dieser Wunsch allein macht einen noch nicht zum Gründer. Es ist keine Charaktereigenschaft – sondern eher ein innerer Impuls. Und: Man muss keine perfekten Noten haben oder im Studium herausragen, um ein erfolgreiches Start-up aufzubauen. Für den Durchbruch zählen zwei Dinge: Erstens, dass man persönlich hinter der Idee steht. Das ist die Authentizität, die auch andere überzeugt. Und zweitens – vielleicht am wichtigsten – braucht es Durchhaltevermögen.
Wo möchtet ihr in 5-10 Jahren stehen?
Moritz: in den nächsten fünf bis zehn Jahren wollen wir mit VoluLink klar die Nummer eins sein, wenn es darum geht, soziales Engagement digital und wirkungsvoll zu gestalten – nicht nur in Deutschland, sondern auch darüber hinaus. Wir möchten eine Plattform schaffen, die Unternehmen und soziale Projekte unkompliziert zusammenbringt und dabei hilft, echte gesellschaftliche Probleme mit digitalen Lösungen anzugehen.
Jade: Für uns ist das nicht nur ein Geschäftsmodell, sondern eine echte Mission: Die Verbindung zwischen Wirtschaft und sozialem Engagement so zu stärken, dass daraus nachhaltige, positive Veränderungen entstehen. Wir wollen Brücken bauen, die den sozialen Impact verstärken und gleichzeitig für alle Beteiligten ein Gewinn sind – das treibt uns an.
„Man braucht nur zwei Dinge, um zu gründen: Authentizität, also dass man persönlich hinter der Idee steht, und Durchhaltevermögen. Mehr nicht.“
— Moritz über die wichtigsten Eigenschaften für Gründer:innen
Zum Abschluss: Was ist euer Bild für euren aktuellen Weg?
Jade: Ein Wanderpfad vor einem großen Berg – herausfordernd, aber voller Vorfreude. Wir wollen sehen, was hinter dem Berg ist.
Wie geht es weiter?
Seit der Gründung hat Volulink einige Projekte umgesetzt. Auch Unternehmen wie Amazon und Dell zählen bereits zu den Partnern. Im Herbst starten Moritz und Jade neue Kooperationen mit der Universität Regensburg: Studierende entwickeln dabei Softwarelösungen für lokale NGOs wie Strohhalm e.V. und werden dabei von Unternehmensmentor:innen begleitet. Da die aktuelle Förderung nach einem Jahr ausläuft, sucht das junge Gründerteam nun nach Investor:innen oder weiteren Fördermöglichkeiten, um Volulink zu einer internationalen Plattform für soziale Tech-Projekte auszubauen.
Wir wünschen unseren Absolventen dabei viel Erfolg!
Wer steckt dahinter?
VoluLink wurde 2024 von den beiden Wirtschaftsinformatikern Jade Dyett (CTO) und Moritz Hall (CEO) gegründet. Sitz der GmbH ist München, mit einer starken Verankerung in Regensburg und weiteren Standorten wie Leipzig/Halle – unterstützt durch ihr Uni-Netzwerk aus der UR und der TechBase
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