KI ist längst kein Zukunftsthema mehr – sie ist mitten im Alltag angekommen, auch an den Hochschulen und Universitäten. Lehrende stehen dabei vor ganz unterschiedlichen Fragen: Wie verändert KI das Lehren und Prüfen? Welche Kompetenzen brauchen Studierende im Umgang mit KI-Tools? Und wie lassen sich sinnvolle didaktische Ansätze entwickeln?

Florian Greiner vom Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsdidaktik (ZHW) der Universität Regensburg beschäftigt sich intensiv mit diesen Fragen. Als Instructional Designer arbeitet er für die Virtuelle Hochschule Bayern (vhb), die es sich zur Aufgabe gemacht hat, neue Angebote für die digitale Lehre zu gestalten und zu begleiten. Im Interview spricht er über aktuelle Herausforderungen, erste Lösungsansätze und die Rolle des ZHW in diesem dynamischen Veränderungsprozess.

 

 

Herr Greiner, welche Herausforderungen beobachten Sie momentan beim Thema KI in der Lehre?

Eine der größten Herausforderungen, die wir derzeit beobachten, ist die enorme Spannbreite im Umgang mit KI: Während manche Lehrende noch ganz am Anfang stehen und erst die Grundlagen kennenlernen, nutzen andere KI-Tools bereits routiniert und sehr intensiv. Ähnlich unterschiedlich sind auch die Haltungen: Zwischen Skepsis und Enthusiasmus ist eigentlich alles vertreten. 

Besonders zentral ist dabei die Frage nach Prüfungen. Viele Lehrende sorgen sich, dass klassische Prüfungsformate – etwa Hausarbeiten oder Essays – an Legitimität verlieren, weil KI-gestützte Unterstützung kaum zweifelsfrei nachweisbar ist. Selbst wenn Auffälligkeiten erkannt werden, bleibt die rechtliche Absicherung unsicher. Diese Unsicherheit erzeugt spürbaren Druck, gerade im Hinblick auf faire und valide Prüfungen. 

Gleichzeitig sehen wir aber auch eine große Offenheit und Neugier: Viele Lehrende möchten KI nicht nur als Störfaktor wahrnehmen, sondern überlegen aktiv, wie sich die Tools kreativ und didaktisch sinnvoll in die Lehre einbinden lassen. 

 

Wie begegnen die Lehrenden diesen Herausforderungen, wie reagieren sie darauf? 

Die Lehrenden sind sich sehr wohl bewusst, dass das Thema KI sie nicht nur kurzfristig, sondern über viele Jahre hinweg begleiten wird. Entsprechend ist die Aufmerksamkeit hoch – doch ebenso die Verunsicherung. Besonders die Fragen rund um Prüfungsformate, den individuellen Kompetenzerwerb der Studierenden und den eigenen Einsatz von KI sorgen für Nachdenklichkeit. 

Eine generelle Ablehnung beobachten wir dabei allerdings nicht. Vielmehr überwiegt ein konstruktiver Ansatz: Es geht weniger um das „Ob“, sondern um das „Wie“ – wie also lässt sich KI sinnvoll und verantwortungsvoll in der Lehre verankern. Neugier ist in fast allen Gesprächen spürbar, zugleich äußern viele Lehrende die Sorge, dass sie in einem „Wettlauf mit der Zeit“ stehen. Denn oft fehlen die nötigen Ressourcen oder schlicht die Zeit, um sich in angemessenem Umfang mit der Thematik auseinanderzusetzen. 

 

Gibt es grundsätzlich schon Ideen und Herangehensweisen, um diesen neuen Herausforderungen zu begegnen? 

Wir sehen, dass Lehrende selbst sehr kreativ im Umgang mit KI sind und erste spannende Pilotprojekte entstehen. Ein Beispiel dafür sind die von der vhb geförderten „KI meets vhb“-Kurse des Zentrums für Sprache und Kommunikation, die zeigen, wie sich innovative Konzepte in die Breite tragen lassen. Auch auf Ebene einzelner Lehrveranstaltungen wird KI zunehmend aktiv in die Lernziele integriert – etwa indem Studierende lernen, KI-Tools kritisch und reflektiert einzusetzen. 

Bei den Prüfungen ist aktuell ein doppelter Trend erkennbar: Einerseits beobachten wir eine Rückkehr zu Präsenzprüfungsformaten oder weg von Take-Home- und Hausarbeitsformaten. Die Lehrenden sind sich jedoch bewusst, dass dies keine nachhaltige Lösung darstellt. Deshalb gehen viele dazu über, ihre Prüfungsformate oder -inhalte so weiterzuentwickeln, dass der Einsatz von KI weniger ins Gewicht fällt. Parallel wird zunehmend der wissenschaftlich korrekte Umgang mit KI eingefordert – inklusive der Dokumentation der verwendeten Hilfsmittel nach den Standards guter wissenschaftlicher Praxis.

 

Wie Sie am ZHW mit diesen neuen Anforderungen um? Bieten Sie schon spezielle Angebote? 

Am ZHW reagieren wir mit einer Reihe gezielter Angebote auf die neuen Anforderungen. Dazu gehören unsere regelmäßig stattfindenden Kurse „KI in der Lehre“, die Grundlagen, sinnvolles Prompting oder auch Bildgenerierung mit KI abdecken. Ergänzend dazu haben wir externe Angebote wie etwa den KI-Campus in unser Programm integriert, sodass Lehrende unkompliziert Zugang zu hochwertigen Lernressourcen erhalten. 

Im vergangenen Semester haben wir außerdem den „Workspace AI“ initiiert, der den Austausch und die Vernetzung der Lehrenden in den Mittelpunkt stellte. Aufgrund der positiven Resonanz wird es hier sicher ein Anschlussformat geben. Und schließlich greifen wir das Thema auch in unseren hochschulweiten Veranstaltungen auf: Der Tag der digitalen Lehream 25. September widmet sich unter dem Titel „Prüfen: KI, Klausur und Kompetenzen“ explizit den drängenden Fragen rund um Prüfungen im KI-Zeitalter.

 

Mehr über die Arbeit des ZHW

Wenn Sie mehr über das Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsdidaktik erfahren möchten, finden Sie Infos über dessen Zielsetzungen und Angebote in diesem Video.
 

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