Darmkrebs ist die dritthäufigste Krebserkrankung sowohl bei Frauen als auch bei Männern. Das Risiko steigt ab dem 50. Lebensjahr. Nach Angaben der Deutschen Krebsgesellschaft erkranken in Deutschland jährlich 28.000 Frauen und 33.000 Männer neu. Eine allgemein gesunde Lebensführung mit einer ballaststoffreichen Ernährung, Verzicht auf Alkohol und Nikotin, Gewichtsreduktion und regelmäßiger körperlicher Bewegung senken bekanntermaßen das Risiko für eine Erkrankung. Professor Dr. Michael Leitzmann, Leiter des Lehrstuhls für Epidemiologie und Präventivmedizin an der Universität Regensburg, und sein Team wollte wissen, ob die Tageszeit der Bewegung bei der Prävention eine Rolle spielt. Ob es also einen Unterschied macht, ob man morgens, mittags oder abends aktiv ist.
 

Öfter mal morgens mit dem Rad statt mit dem Auto zu fahren, kann ein erster Schritt hin zu mehr Bewegung sein. © UR Julia Dragan

Eine Woche Bewegungsmessung 

Im Rahmen einer vom World Cancer Research Fund finanzierten Studie nutzten Forscher der Universität Regensburg Daten aus der UK Biobank, die 86.252 zufällig ausgewählte Personen (davon 56 % Frauen) kontaktiert hatten. Diese Personen wurden gebeten, Beschleunigungsmesser zu tragen, um ihre Bewegung über eine Woche hinweg zu verfolgen. Anschließend wurden sie über einen Zeitraum von 5 Jahren begleitet, um die Entwicklung von Darmkrebs zu erfassen.
Tatsächlich zeigte sich, dass die Tageszeit eine Rolle bei der Prävention spielt. Teilnehmende, die sich tagsüber bewegten, aber morgens und abends am aktivsten waren, hatten ein um elf Prozent verringertes Risiko für das Auftreten von Darmkrebs verglichen mit anderen Teilnehmenden, die andere Bewegungsmuster zeigten. 
 

Das Bewegungsmuster entscheidet

Bei der Auswertung der Daten unterschieden die Forscher vier unterschiedliche Bewegungsmuster:


1. Kontinuierliche Aktivität über den ganzen Tag hinweg.
2. Aktivität zu einem späteren Zeitpunkt am Tag.
3. Frühe und späte Tagesaktivität.
4. Aktivität in der Mitte des Tages und in der Nacht.     
 

Das dritte Muster, bei dem die Teilnehmenden sowohl in den frühen als auch in den späten Stunden des Tages aktiv waren, war mit einem um 11 Prozent niedrigeren Darmkrebsrisiko verbunden, verglichen mit 6 Prozent bei ganztägiger Aktivität und keiner Veränderung in der Mitte des Tages und in der Nacht. Die Daten, die sich nur auf die Aktivität am späten Tag bezogen, waren nicht eindeutig. Bei den Ergebnissen wurden Faktoren wie Rauchen, Schichtarbeit und andere Variablen, die das Krebsrisiko einer Person beeinflussen könnten, berücksichtigt.
 

Größter Effekt beim Wechsel von inaktiv zu aktiv 

Darüber hinaus stellten die Forschenden fest, dass der größte Zusammenhang bei Personen beobachtet wurde, die einen überwiegend sitzenden Lebensstil führten. Bei ihnen sank das Darmkrebsrisiko am deutlichsten. Dies könne darauf zurückzuführen sein, dass diejenigen, die bereits ein aktives Leben führten, sowieso schon von einem verringerten Krebsrisiko profitieren, folgerten die Forschenden. Die Ergebnisse zeigten, wie vorteilhaft sich körperliche Aktivität auswirken könne, insbesondere bei Menschen, die derzeit eher wenig aktiv seien. 

„Unsere Studie zeigt, dass körperliche Aktivität nicht nur wichtig ist, um das Darmkrebsrisiko zu senken, sondern dass auch der Zeitpunkt der höchsten Aktivität während des Tages eine entscheidende Rolle spielen könnte. Durch die Identifizierung bestimmter Zeiten - am frühen Morgen und am späten Tag -, in denen körperliche Aktivität am vorteilhaftesten ist, eröffnen unsere Ergebnisse neue Wege für gezielte Präventionsstrategien. Wenn dies durch künftige Forschung bestätigt wird, könnte dies eine einfache, aber wirkungsvolle Möglichkeit für Einzelpersonen darstellen, ihr Krebsrisiko durch den Zeitpunkt ihrer körperlichen Betätigung weiter zu senken“, sagt Prof. Dr. Michael Leitzmann.

Über die UK Biobank

Die Biobank des Vereinigten Königreichs (UK) ist eine große, bevölkerungsbasierte, prospektive Studie, die eingerichtet wurde, um detaillierte Untersuchungen der genetischen und nichtgenetischen Determinanten von Krankheiten des mittleren und höheren Alters zu ermöglichen. Sie umfasst 500 000 britische Teilnehmer im Alter zwischen 40 und 69 Jahren.

Über den World Cancer Research Fund  

Der World Cancer Research Fund untersucht, wie sich Ernährung, Gewicht und körperliche Aktivität auf das Risiko der Menschen auswirken, an Krebs zu erkranken und zu überleben. Als Teil eines internationalen Netzwerks von Wohltätigkeitsorganisationen finanzieren sie lebensrettende Forschung, nehmen Einfluss auf die Politik und schärfen das öffentliche Bewusstsein. Ihre Arbeit trägt dazu bei, Krebs zu verhindern und den Menschen ein längeres, gesünderes Leben zu ermöglichen. 

Dr. Helen Croker, stellvertretende Direktorin für Forschung und Politik beim World Cancer Research Fund, sagt: „Körperlich aktiv zu sein ist eine unserer Empfehlungen zur Krebsprävention, und wir wissen, dass dies das Krebsrisiko senkt. Diese faszinierenden neuen Erkenntnisse bieten die Möglichkeit, spezifischere Empfehlungen zur Verringerung des Krebsrisikos zu entwickeln, einschließlich der Muster und des Zeitpunkts der körperlichen Betätigung. Dies zeigt, wie wichtig es ist, dass der WCRF weiterhin Forschung unterstützt, die unser Wissen erweitert, um die Krebsprävention weiter voranzutreiben.“    

Originalpublikation: 

Stein, M.J., Baurecht, H., Bohmann, P. et al. Diurnal timing of physical activity and risk of colorectal cancer in the UK Biobank. BMC Med 22, 399 (2024). doi.org/10.1186/s12916-024-03632-4

Kontakt:

Prof. Dr. Michael Leitzmann
Lehrstuhl für Epidemiologie und Präventivmedizin
Universitätsklinikum Regensburg
Tel.: +49 (0)9419445200
E-Mail: Michael.Leitzmann@klinik.uni-regensburg.de
 

Dieser Text entstand in Zusammenarbeit mit Prof. Michael Leitzmann und Olivia Watkinson

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